Unsere Geschichte

Ein Wort vorweg

Ein Blick in die Historie zeigt uns gerade in unserer schnelllebigen Zeit, wie Menschen über Jahrhunderte hinter ihrer Gemeinde standen und stehen, mit ihr und in ihr leben und das bis heute! Kirche bedeutet dabei auch immer ein Stück Kultur in unseren Dörfern, Kirche - und das zeigt der folgende kurze Gang duch die Geschichte - ist immer auch ein Spiegelbild der jeweiligen aktuellen geschichtlichen Zusammenhänge.

Bei unserem Rundgang durch die Geschichte der Mulsumer Kirchengemeinde wünschen wir viel Spaß, vielleicht auch ein wenig Nachdenklichkeit und manche - womöglich neue - Erkenntnis.

Quellenangabe: wesentliche Teile der hier dargestellten Zusammenhänge beruhen auf der Festschrift zur 1200 - Jahr - Feier der Gemeinde Mulsum: 1200 Jahre Mulsum 786 - 1986, Gemeinde Kutenholz und Kirchengemeinde Mulsum Hrsg. 1986

 

Was bisher geschah - Kein Fortsetzungsroman, sondern erlebte Wirklichkeit!

 

786
In Mulsum wird durch Willehad ein erstes Gotteshaus errichtet. Es ist noch keine richtige Kirche, sondern eine Taufkapelle

 

1100
Gründung der Pfarre Mulsum - bis dahin kam der Pastor für Predigten und die Sakramente aus Harsefeld

 

14. Jahrhundert
Ahlerstedt, Bevern und Hagen gehören zur Kirchengemeinde Mulsum - weite Wege also für die damaligen Gemeindemitglieder. Z.T. waren sonntags Entfernungen von 30 km zurückzulegen (ohne Auto!). Deshalb wurde vereinbart, dass aus jeder Familie wenigstens ein Mitglied den weiten Weg zum sonntäglichen Gottesdienst nach Mulsum auf sich nahm. 

 

1500
Zum Kirchspiel Mulsum gehören jetzt die Dörfer: Mulsum, Kutenholte, Etzell, Heßedorpe, Swynge, Groten Vredenbeke, Lütken Vredenbeke, Wedell un Aspe, Hoff by Etzell genannt Heymenkenbostel. Man erkennt leicht die Dorfnamen, die uns noch heute geläufig sind, wenn auch anders geschrieben

 

1667
Das erste Kirchenbuch wird im Kirchspiel Mulsum begonnen - und zwar von Joachim Gebhardi (Prediger in Mulsum bis 1692).

 

1671
Ein besonderes Ereignis: in der Mulsumer Kirche wird Hinrich Gustav von Dachenhausen/Rittergut Grundoldendorf getauft. Taufpatin ist u.a. Maria Aurora Gräfin von Königsmarck

 

1702
Die heute noch benutzte Altarbibel wird von Caspar Holwein in Stade gedruckt (Druckereiprivileg des schwedischen Generalgouverneurs von 1651). Die Druckerei gibt es übrigens immer noch: als Hansa - Druckerei Stelzer in Stade

 

bis 1724
In die Amtszeit von Simon Hinrich Büscher fällt die Beschaffung unserer 1702 gedruckten Altarbibel. Unter seinem Nachfolger Pastor Otto Matthai wird die große Glocke neu gegossen und dazu beschafft die Gemeinde noch eine etwas kleinere Bronzeglocke, die alle Zeitenstürme überstanden hat und die wir heute als Uhrschlagglocke immer noch hören können.

1751
wird ein neues Pfarrhaus gebaut. Es dient - nachdem es zwischenzeitlich, nämlich 1819, schon einmal abgebrannt war - heute als Gemeindehaus für viele kirchliche Veranstaltungen, den Konfirmandenunterricht und im Winter auch als Kirche ("Winterkirche")

 

1782
Fast 1000 Jahre nach der "Gründung der ersten Kirche" wird der Turm der Mulsumer Kirche für 2000 Reichstaler neu gebaut, nachdem der alte - runde - Turm nach 200 Jahren eingestürzt war. 1801 wurde auch das Kirchenschiff erneuert. Der eckige aus Feldsteinen errichtete Turm ist heute also ältester Teil unserer Kirche.

Beim Neubau des Turmes entdeckte man übrigens auch das Kruzifix wieder, das heute auf dem Altar steht. Es war während des dreißigjährigen Krieges im Gebälk des alten Turmes versteckt worden.

 

1795/1801
erfolgt die Eingemeindung der Moorkolonie Hohenmoor in das Kirchspiel Mulsum und ab 1822 vergrößerte die Siedlung Sadersdorf die Gemeinde. Hinzu kamen im Laufe der Jahre noch einzelne Personen wie etwa Johann und Klaus Stelling aus Willaher Moor 1830 oder auch die Bewohner des Elmer Schierels, die dann in Mulsum zur Kirche gingen.

 

26.05.1840
Hier müssen wir ganz genau sein, denn mit diesem Datum lösten die Mulsumer Bauern die bis dahin gültige Pflichtabgabe des "Zehnten" gegenüber der Kirche ab. Dafür war immerhin eine Summe von 15.000 Reichstalern aufzubringen, die sich aus der 25-fachen Jahresabgabe errechnete. Jährlich war bisher also eine Summe von 600 Reichstalen zu zahlen. 1851 wurde dann mit 2.500 Reichstalern die letzte Rate der Ablösesumme gezahlt.

 

bis 1852
versieht Pastor Ludwig Fürchtegott Pfannkuche seinen Dienst in Mulsum. In seine Amtszeit fällt 1845 die Anschaffung einer Kirchspielfeuerspritze. Eine gleichartige Spritze gibt es seit diesem Zeitpunkt auch im Kirchspiel Bargstedt.

 

Seit 1843 - ebenfalls in der Amtszeit Pfannkuches - wird in der Mulsumer Kirchengemeinde der Lobetag eingerichtet. Er findet bis heute am Dienstag der ersten vollen Woche nach Ostern statt und soll an ein schweres Gewitter erinnern, das Mulsum 1843 - einschließlich nach mündlicher Überlieferung umherrollender Kugelblitze - heimsuchte ohne größere Schäden anzurichten.

In das gleiche Jahr 1843 fällt mit der Aufhebung des Mühlenzwanges in Harsefeld der Bau der Mulsumer Mühler Anna-Maria. Nicht zuletzt Dank des Engagements des Mulsumer Mühlenvereins können wir noch heute Anna-Maria bei Mühlenfesten und anderen Anlässen bewundern.

 

10.04.1854
wird der Nachfolger Pfannkuches nämlich Pastor Johan Hinrich Bohn in sein Amt eingeführt. Er ist zugleich Superintendent. Mulsum gehört zu diesem Zeitpunkt zur Kircheninspektion Harsefeld und war mit über 2.700 Gemeindemitgliedern 1870 z.B. das größte Kirchspiel innerhalb dieser Inspektion. Die Kircheninspektionen waren mit der Neuordnung des Kirchenwesens ab 1826 an Stelle der alten Probsteien getreten. Dreimal stellte Mulsum den Superintendenten, der an der Spitze der Kircheninspektion stand. 1901 wurde die Intendentur dann nach Buxtehude verlegt, wo heute Dr. Martin Krarup als Superintendent unseres Kirchenkreises Buxtehude seinen Dienst versieht.

Mit Pfannkuche und Bohn hat es insofern seine besondere Bewandnis, weil beider Grabkreuze noch heute an der Mulsumer Kirche neben der Sakristei stehen und erst vor wenigen Jahren restauriert wurden.

 

1859
Zum ersten Mal wird das Kirchspiel Mulsum wieder etwas kleiner, denn in diesem Jahr trennt sich Hesedorf von der Kirchengemeinde Mulsum, nachdem es über 300 Jahre dazu gehört hatte. Allerdings war bereits 1759 Hesedorf  auf eigenen Wunsch nach Bevern "umgepfarrt" (zu dieser Gemeinde gewechselt) worden.

 

ab 1866
nimmt Superintendent Gustav Burghard Wyneken seinen Dienst in Mulsum auf. In seine Amtszeit fällt die wichtige Anschaffung der Röverorgel. Vor dieser Zeit gab es keine Orgel in der Mulsumer Kirche. 1869 aber schließt die Gemeinde - übrigens gegen erheblichen Widerstand einzelner Gemeindemitglieder - einen Vertrag mit der dem Orgelbauer Johann Hinrich Röver in Stade zum Neubau einer Orgel. 1870 dann ist das Werk sprichwörtlich vollendet und seitdem klingt die Röverorgel bis heute in unserer Kirche. 2014 wurde sie umfänglich restauriert.

1874
wird der alte Friedhof - oder wie man damals sagte "der Kirchhof" - an der Mulsumer Kirche geschlossen. Seitdem gehen die Mulsumer zum neuen Friedhof an der Stader Straße.

 

 

1912
wird der Posaunenchor gegründet, der bis 2012 unter der Leitung von Paul Ogora fortbestand. Erster Ausbilder und musikalischer Leiter war damals Johann Tamke aus Ohrensen, ein junger Lehrer. Mit Beginn des ersten Weltkrieges 1914 stellte der Posaunenchor jedoch seine Bläserarbeit schon wieder ein und erst 1932 gelang unter der Leitung von Klaus Hadderich ein Neuanfang.

Hadderich hat dann über 50 Jahre lang, bis 1985, dem Mulsumer Posaunenchor vorgestanden. 

 

1917
Bereits seit drei Jahren tobt der erste Weltkrieg und erstmals haben Kriegshandlungen - obwohl weit entfernt - unmittelbare Auswirkungen auch für die Zivilbevölkerung. Der Steckrübenwinter 1916/17 ist dafür nur ein Beispiel. Mangel an Nahrung und Rohstoffen macht sich aber auch ganz konkret in Mulsum bemerkbar: 1917 muss die Gemeinde die große Bronzeglocke abgeben, die als Rohstoff für Geschützrohre und Geschosse dient und nach 1724 unter Pastor Otto Matthai beschafft worden war.

Erst 1925 kann die Gemeinde als Ersatz 2 Gussstahlglocken im Glockenstuhl aufhängen, die 1960 schließlich durch drei neue Bronzeglocken ersetzt werden.

Mulsum entging damit der zweiten Vernichtung von Bronzeglocken als während des Naziregimes vor allem ab 1942 im ganzen Reich und in den besetzten Gebieten bis zu 90.000 Glocken eingezogen und auf dem berüchtigten so genannten "Glockenfriedhof" auf der Veddel im Hamburger Hafen zwischengelagert wurden. Über 75.000 Gocken fielen der Einschmelzung zum Opfer und sind damit unwiederbringlich verloren.

 

Seit 1920
wissen die Mulsumer, was die Stunde geschlagen hat. Denn in diesem Jahr setzt Uhrmachermeister Wülpern eine Turmuhr mit Schlagwerk in den Turm der Mulsumer Kirche ein. Die Tumuhr verrichtet auch nach bald 100 Jahren unverändert ihren Dienst, Dank der guten Pflege von Hans-Diedrich Wülpern, ebenfalls Uhrmachermeister und sein Enkel. Die Uhrschlagglocke stammt bereits von 1741 von Johann Andreas Bieber aus Hamburg. 

Die Uhr hatte auch ganz praktische Bedeutung, wussten doch durch ihren Schlag die Bauern bei der Feldarbeit die jeweilige Stunde, denn Armbanduhren wurden zu dieser Zeit - schon gar nicht bei der Arbeit - kaum getragen.

 

1933/34
findet ein großer Umbau des Innenraumes unserer Kirche statt. Insbesondere Altar und Kanzel wurden umgebaut. Auch der heutige Taufstein und der handgewebte Wollteppich vor dem Altar stammen aus dieser Zeit. 1962 wurden weitere Modernisierungen, wie ein bequemeres Kirchengestühl und eine neue Beleuchtung eingebaut.

 

1930er Jahre
In dieser Zeit wird in Mulsum eine Schwesternstaion eingerichtet, die sich um die Pflege und Betreueung Hilfsbedürftiger kümmert. Erste Leiterin war Gemeindeschwester Hildegard. Die Schwesternstation war also der Vorläufer der Diakoniestation, die mittlerweile aber nicht mehr besteht.
Seit 1936 gibt es in Mulsum auch einen Kindergottesdienst.

 

Nach 1945
Wie überall schwillt die Zahl der Gemeindemitglieder durch Flüchtlinge stark an: über 5000 sind es, die jetzt zur Mulsumer Kirchengemeinde gehören, fast eine Verdoppelung der bisherigen Zahl - sicher nicht immer eine ganz leichte Aufgabe für Einheimische und Neuankömmlinge hier neu zusammenzufinden.

 

1960
können die Mulsumer zu Weihnachten endlich ihre beiden Gussstahlglocken, die seit 1925 35 Jahre lang ihren Dienst getan hatten, durch drei neue Bronzeglocken ersetzen.

Die Stahlglocken werden an die Gemeinden Aspe und Kutenholz verschenkt. Die kleinere von beiden können wir heute im 1985 neu errichteten Glockenturm des Kutenholzer Gemeindehauses finden. 

 

 

1981/1985
wird für die Kutenholzer Bürger zunächst ein Gemeindehaus gebaut. 4 Jahre später folgt der Bau des Glockenturmes, der aus Mitteln eines eigens gegründeten Fördervereins finanziert wird. Wie schon erwähnt, erhält der Turm die aus der Mulsumer Kirche stammende kleinere Gussstahlglocke von 1925.

 

1995/96 und 1998 - 2001
sind abermals Baumaßnahmen zum Erhalt von Turm und Schiff unserer Mulsumer Kirche nötig, nachdem bereits 1985 die Turmbekrönung einschließlich der Schiefereindeckung am Turm erneuert worden war. 

 

Heute
blicken wir auf eine lange und reichhaltige Geschichte unserer Kirchengemeinde zurück. Immer ist sie die Geschichte der Menschen, die in ihr und mit ihr lebten und leben. Dabei geht es nicht nicht nur um sichtbare Teile wie Baumaßnahmen, Verschönerungen, Steuern oder Ähnliches. Eine lebendige Kirchengemeinde wie die unsere gibt uns - nämlich den Mitgliedern - auf vielerlei Weise Rat und Hilfe oder - wenn man will - auch ein Stück Geborgenheit. Gerade in jüngerer Zeit ist deshalb das Angebot unserer Kirchengemeinde für Aktivitäten von und mit allen Gemeindemitgliedern so vielfältig geworden und geht weit über den sonntäglichen Gottesdienst hinaus. Das kann nur gelingen, weil sich neben den Pastorinnen und Pastoren und allen anderen Kirchenmitarbeiterinnen und - mitarbeitern auch Gemeindemitglieder ehrenamtlich engagieren und dies eben nicht (nur) als zusätzlichen Job begreifen. Nutzen Sie gern diese Angebote - wie sie hier als Beispiel aus dem aktuellen Gemeindebrief aufgelistet sind oder kommen Sie selbst mit Ihren Ideen und Ihrer Unterstützung - herzlich willkommen bei uns!